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DIE AMALFIKÜSTE

icona patrimonio sito UNESCO
KULTURLANDSCHAFT
DOSSIER UNESCO: 830
VERLEIHUNGSSTADT: NEAPEL, ITALIEN
VERLEIHUNGSJAHR: 1997
BEGRÜNDUNG: Die Amalfiküste umfasst ein Gebiet von mehr als 11.000 Hektar und zählt 13 Gemeinden in der Provinz Salerno. Sie ist ein sehr gutes Beispiel für eine mediterrane Landschaft, in der Schönheit und Biodiversität sowie Kultur und malerische Natur erhalten blieben. In diesem Gebiet, das reich an Kultur ist, verschmelzen unberührte Natur und menschliche Aktivitäten miteinander.

„Er versprach ihr auch, sie am nächsten Sonntag
an die Amalfiküste mitzunehmen, damit sie sich
ein wenig entspannen könnten.“

Meine geniale Freundin. Die Geschichte
eines neuen Namens, Elena Ferrante

Die im Buch von Elena Ferrante beschriebene Amalfiküste ist für die Hauptfiguren des Romans, Lenù und Lila, ein Ort der Freiheit und Sehnsucht, wo sie zur Ruhe kommen können. Es ist weniger ein Ort, den sie bereisen, als vielmehr einer, den sie in ihrer Fantasie besuchen. Dabei sind ihre Gedanken von literarischen Assoziationen geprägt, die der Anblick der vielen kleinen Städte von Positano bis nach Vietri sul Mare mit ihren Aussichten, den smaragdgrünen, in Klippen zwischen Felsen eingebetteten Stränden, dem Gleichgewicht zwischen Natur und Architektur, das den Reisenden sprachlos macht, erweckt hatte. Die von einem Landschaftsmosaik aus Felsen, Wäldern, Zitrushainen und Weinbergen geprägte Amalfiküste bewahrte über Jahrhunderte ihre Aura. Während einer Fahrt auf der berühmten Küstenstraße kann man sehen, wie gut es dem Menschen gelungen ist, die Bauwerke an die widrige Umgebung anzupassen. In den Dörfern, die wie Edelsteine im wilden Gebirge glänzen, hinterließ die Geschichte ihre Spuren in den historischen Altstädten, welche heute vom Glanz der Klassik, der Epen der Republik Amalfi und der viel gerühmten arabisch-normannischen Kultur zeugen.

NICHT ZU VERPASSEN

„Sie stieg die steinernen Stufen hinauf und versuchte, nur an das Meer und an die Sonne zu denken, sich auf das zu konzentrieren, was sie sah. Wie immer, wenn sie in Positano war, verbesserte sich ihre Laune.“

Die im Buch von Cristina Caboni La casa degli specchi beschriebene Amalfiküste scheint wahre Wunderkräfte zu besitzen: Milena, die Hauptfigur, kommt nur in Positano zur Ruhe. Schaut mal, ob das auch für Euch gilt. Einige sind der Ansicht, dass Positano in den frühen Morgenstunden am schönsten ist. Dann, wenn der Zitronenduft mit der frischen Morgenbrise über die unendlich vielen Treppen weht. Andere hingegen sind der Meinung, dass Positano nachts seine größte Faszination ausübt, wenn der Hafen durch die vielen Lichter erleuchtet wird und die an einem steilen Hang gebaute Stadt in ihrer ganzen Pracht zu sehen ist. Wieder andere finden, dass Positano an hellen Tagen unwiderstehlich ist, da dann die Pastellfarben der Häuser noch verstärkt werden. Geht hin und findet selbst heraus, was Euch an Positano gefällt.
Google Maps
Wir beginnen unseren Rundweg durch Positano in der
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Kirche Santa Maria Assunta. Die mit Majolikakacheln verzierte Kuppel ist das Symbol der Stadt, wenngleich die wundersamen Skulpturen und Mosaiken des Mimmo Paladino auf der gegenüberliegenden Piazza ebensoviel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der mit barocken Verzierungen versehene Innenraum beherbergt über dem Hauptaltar eine byzantinische Ikone aus dem 13. Jh., die eine Schwarze Madonna mit Kind zeigt. Danach gehen wir in das nahegelegene
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Museo Archeologico Romano (MAR) und besichtigen eine römische Villa, die während des Vesuvausbruchs im Jahr 79 n. Chr. unter einem Ascheund Lapillusregen begraben wurde, sowie einige unterirdische Räume der darüber liegenden Kirche Santa Maria Maggiore. Sehenswert sind die obere Krypta aus dem 18. Jahrhundert, in der die Leichen zum Trocknen aufbewahrt wurden, und die mittelalterliche Krypta, insbesondere aber die farbenfrohen Fresken des Speisesaals, triclinium. In der warmen Jahreszeit darf ein Besuch am Meer nicht fehlen. Der Strand
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Spiaggia Grande verdient seinen Namen, zumindest im Vergleich zu den größtenteils sehr kleinen Stränden an der Küste. Der Strand ist voller Sonnenschirme und der graue Sand ist in keinster Weise mit dem Sand der Karibik zu vergleichen. Allerdings liegt er an einem netten kleinen Hafen und ist das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens von Positano. Weniger mondän ist der Strand
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Spiaggia del Fornillo, den man in zehn Minuten über den vom Strand Spiaggia Grande in Richtung Westen verlaufenden Küstenweg erreichen kann.

„Pollios Villa liegt oben, dem Golf zugewandt,
auf den Hügeln, wo [...] die Weinberge
terrassenförmig fast bis zu den Felsen abfallen.
[...] Auf der Reede ist das Meer immer ruhig, und
selbst im Winter sind Kälte und Wind weniger
spürbar. [...] in den [...] Zimmern kann man
das erste Licht der Morgendämmerung oder die
Stunde der Abenddämmerung genießen, wenn
die Sonne bereits untergegangen ist und der
Schatten des Berges bereits undurchsichtig ins
Wasser fällt und die Villa auf einem gläsernen
Meer zu schwimmen scheint.“

Silvae II 2, Publius Papinius Statius

Pollio Felice, der Eigentümer der Villa auf dem Felsausläufer des Kaps von Sorrent, die der Dichter Statius hier beschreibt, muss wirklich Glück gehabt haben. Damals wie heute zog die Amalfiküste die römische Elite an, die sich in den riesigen Sommerresidenzen vergnügte. Die wunderschöne Villa di Pollio ist heute nur noch eine Ruine. Dennoch ist ein Besuch lohnenswert, insbesondere dann, wenn man ihn mit einem Bad in der von Statius so viel besungenen Bucht Bagni della Regina Giovanna verbindet. Diese wurde gerne von Pollios Familie und Königin Johanna I. von Anjoù, deren Namensgeberin sie ist, besucht. Das Verweilen der römischen Elite an der Küste bezeugt auch das MAR – Römisches Archäologisches Museum – von Positano: 11 Meter unter der Kirche Santa Maria Assunta kann man die Reste einer luxuriösen, beim Vesuvausbruch verschütteten Villa besichtigen.

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Die italienischen UNESCO-Welterbestätten erzählen ihre Geschichte durch die Worte großer Schriftsteller, die ihre Geschichte und Schönheit gefeiert haben

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FÜR DIE JÜNGSTEN

„ATRANI IST SO SCHÖN WIE EINE HALLE, DIE VON EINEM KLEINEN STRAND UMGEBEN IST [...]. ES IST WUNDERSCHÖN AM ABEND, WENN DIE FARBIGEN LICHTER ES IN EIN MEISTERWERK VERWANDELN. DURCH DIE ENGEN STRASSEN UND GASSEN ZU SCHLENDERN IST IMMER EIN BEZAUBERNDES UNTERFANGEN, SIE WIRKEN WIE CHINESISCHE BOXEN, DIE VERSCHWINDEN UND WIEDER AUFTAUCHEN [...].“
attività per bambini del sito UNESCO nr. 20
Die Poesie der Amalfiküste kommt auch in der Farbexplosion der Natur und der Dörfer zum Ausdruck: Wie der Autor des Buches Ritorno ad Atrani, Gennaro Cuomo, sagte, werden die Piazze hier abends zu farbigen Wohnzimmern, die wie Bilder aussehen. Aber auch tagsüber wohnen wir einem bunten Spektakel bei, wenn das Sonnenlicht Kuppeln und Majolikafliesen färbt. Erforscht die Amalfiküste in Bezug auf die Farben der Landschaft wie bei einer Farbentour und startet in
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Vietri sul Mare. Der Ort ist in ganz Kampanien für seine traditionelle Keramikherstellung bekannt. Man findet dort viele Handwerksbetriebe, Wanddekorationen, kleine Geschäfte mit bunten Verkleidungen und sehr viele Majolikafliesen. Dann gibt es da noch das intensive Blau des Meeres, das das Farbenspektrum des Ortes vervollständigt und die Strände im unteren Teil der Stadt umspült. Geht nach
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Ravello zur Villa Rufolo, ihrem Symbol. Sobald ihr am Turm aus dem 14. Jh. südlich der Kathedrale vorbei gegangen seid, befindet Ihr Euch vor Gebäuden, die zwischen dem 12. und 14. Jh. errichtet wurden und einen am Meer gelegenen Garten aus dem 19. Jh., der auch die unruhigsten Gemüter beruhigen kann. Seht Euch die Vegetation über den Ruinen an, die exotischen Blumen mit ihren kräftigen Farben, wie Violett oder Magenta, die im Kontrast zu Himmel und Meer stehen. Geht dann nach
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Atrani, der kleinsten Gemeinde Italiens (0,12 km2 ) und genießt das bunte Durcheinander an Häusern, aus dem sie besteht. Es ist noch Zeit für einen kleinen Umweg über den Strand: Der freie Strand östlich des Zentrums eignet sich perfekt für Familien. Beendet Eure Tour mit einem Schwindelgefühl: Das Dorf
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Furore wirkt wie eine Reihe Häuser, die an engen Kurven gebaut sind, ohne ein Zentrum oder eine Piazza. Geht man über die Stufen durch die Terrassen, so kann man das Meer von oben sehen und hat das Gefühl, dass der Himmel auf den Kopf gestellt ist. Weiter unten werdet Ihr über den sogenannten Fjord staunen, einer Einbuchtung, die durch die Erosion des Flusses und die durch die Veränderungen des Meeresspiegels verursachten Ablagerungen entstanden ist. Auch wenn es technisch gesehen kein Fjord ist, so hat er doch etwas Mystisches. Feiert abends mit einer Pizza die lockere Atmosphäre an der Amalfiküste, die nach Salz schmeckt und nach gelben Zitronen riecht. Ihr werdet in den Gassen und Erzählungen der Fischer dialektale Ausdrücke hören, doch auch an die Geschichten von Herzensbrechern und Köchen, die bei den Gästen zu Hause kochen, werdet Ihr Euch erinnern.
sito UNESCO nr. 20 in Italia
LESEEMPFEHLUNGEN

Buchempfehlungen zur Amalfiküste.

  • Silvae II 2, Publius Papinius Statius (93 n. Chr.). Sammlung mit 32 auf Latein geschriebenen Gedichten in fünf Büchern. Wahrscheinlich zwischen 89 und 96 n. Chr. geschrieben. Die Silvae behandeln unterschiedliche Themen und enthalten wichtige Informationen über Rom zur Zeit des Kaisers Domitian.
  • Die lange Straße aus Sand, Pier Paolo Pasolini (1959). Im Sommer des Jahres 1959 fährt Pier Paolo Pasolini mit einem Fiat Millecento die gesamte italienische Küste entlang, von La Spezia über die Amalfiküste bis nach Triest.
  • Meine geniale Freundin, Elena Ferrante (2011). Die neapolitanische Sage, die Elena Ferrante weltweit bekannt machte. Es handelt sich um die Geschichte von Lenù und Lila, zwei Freundinnen, die nach dem Zweiten Weltkrieg am Stadtrand von Neapel aufwuchsen. Im Buch werden häufig Ausflüge nach Amalfi beschrieben.
  • Una noche en Amalf, Begoña Huertas (2013). Ein Thriller, der in einer einzigen Sommernacht spielt. Sergio und Linda sind zwei Spanier, die an der Amalfiküste Urlaub machen. Allerdings verschwindet Linda plötzlich und er muss sie verzweifelt suchen.
  • Il cielo è sempre più rosa, Ledra Loi (2015). Für diejenigen, die gerne zeitgenössische Liebesromane lesen, ist dies das richtige Buch. Der Roman spielt während eines Literaturfestivals in Positano. Der Roman handelt von drei Frauen, die Bücher lieben: Zoe, Gio und Penelope, die drei Männern begegnen.
  • Wiedersehen in Positano, Goliarda Sapienza (2015). Erzählt wird die autobiografische Geschichte von Goliarda Sapienza und Erica, die „Prinzessin“ von Positano: zwei parallele Leben, die sich an der Amalfiküste kreuzen, wo die Autorin für ihre berufliche Tätigkeit Filmkomparsen sucht.
  • Ritorno ad Atrani, Gennaro Cuomo (2016). Dieser Roman spielt in Atrani und enthält schöne Beschreibungen der Amalfiküste.
  • La casa degli specchi, Cristina Caboni (2019). Es handelt sich um die Geschichte von Milena, die in einer großen Villa in Positano aufwuchs und dann in den Norden emigrierte. Als ihre Großmutter stirbt, die Jahre zuvor nach Amerika geflohen und zu jener Zeit ein Kinostar war, wird sich ihr Leben ändern. Warum hatte ihr das niemand gesagt?
  • The Gentleman from Peru, André Aciman (2020). Es handelt sich um die Geschichte von einer Gruppe amerikanischer Touristen an der Amalfiküste und ihrem Treffen mit Raul, ein Mann mit einer magischen Aura, der über besondere Kräfte verfügt.

Kinder- und Jugendliteratur:

  • Miti straordinari. Storie di eroine, eroi, divinità e creature che non ti aspetti, Marilù Oliva (2023). Die Amalfiküste ist einer der Orte, an dem man den Mythos einatmen kann, als wäre er Zitronenduft. Dank eines genauen Gespürs für die heutigen Jugendlichen ist dieses Kompendium zur griechischen Mythologie die ideale Begleitung auf einer Reise an die Amalfiküste.
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