DIE ALTSTADT VON SIENA
WELTKULTURERBE
Der nicht vorhandene Anachronismus, den Piovene beschreibt, ist genau das Markenzeichen, das Siena in der ganzen Welt berühmt gemacht hat. Sechzig Jahre, nachdem 18 mal ITALIEN geschrieben wurde, ist Siena immer noch eine der einzigartigsten Städte Italiens. Und selbst, wenn es das Schicksal der Kunststädte ist, in ihrem Prestige gefangen zu bleiben und vom Massentourismus überrannt zu werden, so muss man doch anerkennen, dass es weiterhin gute Gründe gibt, Siena zu besuchen. Wie im Mittelalter verzaubert Siena seine Besucher noch immer auf dieselbe Art und Weise: Die Stadt besteht aus 17 verschmolzenen Vierteln, spricht jedoch mit einer Stimme. Siena ist ein Mikrokosmos, Zeitzeugin für eine ausgesprochen lebendige Zeit im Mittelalter. Die Stimme Sienas hallt noch immer aus den Steinen der Palazzi, aus dem gotischen Kaleidoskop des Doms, von den Zinnen des Palazzo Pubblico, der seit jeher an der Piazza del Campo, der riesigen „Schale“ steht, in der auch der Palio stattfindet. Dies ist der Beweis für eine reiche Geschichte, die Siena jedoch nicht dazu verdammt, in der Vergangenheit stehen zu bleiben, sondern dazu führt, dass sie mit der Abwesenheit des Anachronismus aufwartet.
NICHT ZU VERPASSEN
„Wir beißen in das letzte Stück des Val d’Elsa und erreichen nach dem Aufstieg der Badesse triumphierend Siena. [...] Aber wir sind noch nicht satt, der Bus fährt ab, um die Crete Senesi bis zum Monte Amiata zu erkunden. Mit vier Salami-Brötchen und einer guten Flasche Rosso di Barbi in der Hand springen wir rußverschmiert zwischen den Touristen an Bord.“
Die Gegend um Siena ist ein Gebiet, das zum Wandern einlädt, auch wenn man vielleicht das Auto dem Zug vorzieht, wie Paolo Rumiz in L’Italia in seconda classe. Denn zwischen Siena und dem Val d‘Orcia liegen die Crete Senesi, eine durch Erosion geprägte weiche Hügellandschaft. Durch die Verwitterung des Tons werden die Böden grau und im Sommer golden und es entstehen Calanchi und Biancane, das heißt weiße Hügel mit schmalen Furchen. Ganz anders ist es in San Galgano, im Val di Merse, westlich von Siena: Die Abtei ist ein Überbleibsel eines gotischen Bauwerks, dem der Zahn der Zeit zugesetzt hat.
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„Jetzt ist es an der Zeit, das Tempo zu erhöhen.
Du musst Dir und anderen beweisen, dass
Du noch Kraft hast. Sei vorsichtig, drei
Runden sind lang, und wenn Du zu diesem
Zeitpunkt schon alles gegeben hast, bist Du
aufgeschmissen. Du musst lernen, Deine
Energie einzuteilen, zu halten und dann
loszulassen, wenn der richtige Zeitpunkt
gekommen ist.“
Schon die Vorbereitungen halten die Stadt über das ganze Jahr hinweg in Atem und kulminieren in den vier Tagen vor dem Rennen mit Veranstaltungen aller Art. Der Höhepunkt ist dann der Palio di Siena, der kaum länger als eine Minute dauert, nämlich genau die Zeit, die die Pferde brauchen, um die Piazza del Campo drei Mal zu umrunden. Laut Lorenzo Bianciardi und Andrea Sguerri sind die Hintergrundsgeräusche mit dem Lärm in Dantes Hölle vergleichbar. Den Palio gibt es in unterschiedlichen Formen seit dem 13. Jh., als er von außerhalb der Stadtmauern kommend in Richtung Dom ausgetragen wurde. Die 17 Viertel traten gegeneinander an. Der Preis für den Sieger war ein pallium, ein kostbares Seidentuch, während der Letzte die Schande des porco, vielleicht eine schweineförmige Kopfbedeckung, erhielt. Zu Beginn des 17. Jhs. wurde die Veranstaltung auf die Piazza del Campo verlegt. In der Tat scheint dieser ungewöhnliche Platz speziell für das berühmteste Pferderennen der Welt geschaffen worden zu sein. Der Platz gehört zu keinem der 17 Viertel.
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„SIENA, EINE GEHEIMNISSVOLLE STADT, DA SIE GEWUNDEN IST UND IHRE STRASSEN SICH UMEINANDER WINDEN, ERWARTET UNS UNTER TÜRMEN UND EINEM RIESIGEN MOND.“


LESEEMPFEHLUNGEN
Buchempfehlungen, um Siena und seine Umgebung zu entdecken.
- 18 mal Italien, Guido Piovene (1957). Piovene bereiste Italien drei Jahre lang, um diese einzigartige und äußerst detaillierte Reportage zu schreiben, die als Klassiker der italienischen Reiseliteratur gilt. Von den Alpen über Siena bis nach Sizilien stellt sein Blick eine Einladung dar, unsere Wunder zu entdecken.
- Terra di Siena, Pablo Echaurren (2007). Die Kommissarin Vanessa Tullera wird beauftragt, eine Reihe von seltsamen Morden zu untersuchen, und zwar genau zur Zeit des Palio di Siena. Sie wird von einem seltsamen Priester und einem Reporter unterstützt. Sie finden die Lösung innerhalb der Stadtmauern.
- L’Italia in seconda classe, Paolo Rumiz (2009). Das Ziel ist, in Italien so viele Kilometer mit dem Zug zurückzulegen wie zwischen Moskau und Wladiwostok liegen, und das ausschließlich in der zweiten Klasse. Ein interessanter Blick auf Italien von Seiten eines ironischen und intelligenten Autors.
- Sguardi bruciati di Siena, Marco Catocci, Mauro Pagliai (2011). Für Liebhaber spannender Krimis gibt es hier einen, der im Siena des Palio spielt. Die Geschichte erzählt von Giulio Codorni und seiner Tochter, die nach einem üblen Streit mit ihm von zu Hause wegläuft, was die Handlung zu einem beunruhigenden Szenario macht.
- Donne, madonne, mercanti e cavalieri. Sei storie medievali, Alessandro Barbero (2013). Sechs Blicke, sechs Geschichten über das Mittelalter und sein gesellschaftliches Leben auf der Grundlage der Porträts einiger Figuren. Dazu gehört auch die Mystikerin Katharina von Siena, durch die in erster Linie die Spiritualität im Mittelalter analysiert wird.
- Siena My Way, Lorenzo Bianciardi, Andrea Sguerri (2019). Als Dialog zwischen zwei Freunden in einer sehr angenehmen Sprache geschrieben, erzählt Siena a modo tuo viele Geschichten der Stadt Siena: eine Art Übersicht, durch die der Leser viel Neues erfahren kann.
Kinder- und Jugendliteratur:
- Teo, Sofia e l’avventura nel Duomo di Siena. Alla scoperta del tesoro della cattedrale, Ilaria Bichi, Silvia Rocucci, Agnese Mommona (2014). Das Abenteuer der beiden jungen Hauptfiguren spielt sich in der Kathedrale der Stadt ab, einem kleinen, steinernen Universum mit Sternengewölbe und seinen Skulpturen, Altarbildern, Glasfenstern sowie außergewöhnlichen Figuren.

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