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ARCHÄOLOGISCHE STÄTTE UND PATRIARCHALBASILIKA VON AQUILEIA

icona patrimonio sito UNESCO
WELTKULTURERBE
DOSSIER UNESCO: 825TER
VERLEIHUNGSSTADT: KYOTO, JAPAN
VERLEIHUNGSJAHR: 1998
BEGRÜNDUNG: Ein Großteil der Stadt wurde noch nicht freigelegt. Somit stellt Aquileia das größte archäologische Reservat seiner Art dar. Die Patriarchalbasilika, ein beeindruckendes Gebäude mit einem außergewöhnlichem Mosaikboden, nahm in der Evangelisierung in großen Teilen Europas eine Schlüsselrolle ein.

„Als die Legionärskolonnen durch die Stadt zogen,
konnte man die Insignien sehen [...]. Ich ergriff fest die
Hand meines Vaters, die raue Hand eines Veteranen
der Dreizehnten Geminischen Legion.“

Aquileia defensoris urbis, Valerio Massimo Manfredi

Aquileia wurde 181 v. Chr. durch die Ansiedlung von 3.500 Siedlern und deren Familien gegründet. Zu Beginn war die Stadt eher unwirtlich – mit Häusern und öffentlichen Gebäuden aus Holz – die in erster Linie als Bollwerk gegen die Hunnen diente. Im Laufe der Zeit entwickelte sich Aquileia jedoch zu einer strategisch und wirtschaftlich bedeutenden Stadt des Römischen Reiches. Der Hafen von Aquileia war der nördlichste Hafen des Mittelmeeres: Aus dem Orient wurden Öl, Wein, Kostbarkeiten und Glas importiert. Zu den Importprodukten gehörte auch Bernstein, der in Aquileia bearbeitet und dann für das Doppelte auf anderen Märkten verkauft wurde. Dank privater Investitionen baute man prächtige Gebäude und die Holzhäuser wurden zu mit Mosaiken dekorierten Palazzi. Im 2. Jh. v. Chr. gehörte Aquileia zu den Top Ten des Römischen Reiches. Die Stadt überstand Epidemien, Belagerungen und nach dem Toleranzedikt von Konstantin wurden ihr alle Diözesen an der Adria unterstellt: Bischof Theodorus und die reiche Oberschicht Aquileias finanzierten ein großes Gotteshaus mit einem Bodenmosaik, das sich auf einer Fläche von 700 m2 erstreckt und auf dem Ausschnitte aus dem Alten Testament dargestellt sind. Am 18. Juli 452 zerstörte Attila Aquileia, rund 20 Jahre später ging das Römische Reich unter. Die Kirche baute auf den Ruinen der Basilika ein Patriarchat auf, das noch Tausend Jahre bestehen sollte. Doch die Machtzentren verschoben sich – die Langobarden waren im Westen und die Byzantiner in Ravenna –, der Hafen verlandete und Aquileias Glanz erlosch.

NICHT ZU VERPASSEN

„Ich habe mir die Mosaikböden angesehen, die schönsten der Welt, den oberen und vollständigen mit dem wunderbaren Fischfang und allen Fischarten der adriatischen Gewässer, den unteren und unterirdischen mit den symbolischen Widdern, die den Hirten tragen, den Hummer, den Kampf zwischen dem Hahn-Licht und dem Schildkröten-Licht. Das gut erhaltene Ausgrabungsmuseum mit seinem gravierten Quarz, der im Licht glitzert, die großartige Sammlung von antikem Glas, in dem sich die Sonne spiegelt. Und der archäologische Spaziergang inmitten von bewirtschafteten Feldern, vor einem immerwährenden Wolkenhintergrund. Dieses große archäologische Zentrum wird immer weiter ausgebaut und bereichert.“

Während seiner in den 1950er Jahren unternommenen Reise durch Italien besucht Guido Piovene auch Aquileia, heute ein Freiluftmuseum.
Google Maps
Wir starten am
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Binnenhafen (Porto Fluviale): Aquileia lag zu römischer Zeit an einem breiten Fluss, der die Stadt im Osten umfloss und im 4. Jh. umgeleitet wurde. In der Antike war der Hafen das Handels- und Kommunikationszentrum der Stadt. Seine alte Struktur ist teilweise noch erkennbar und geht auf das 2. Jh. v. Chr. zurück. Der Pier und der Kai befinden sich heute im Grünen und vom damals 50 m breiten Fluss blieb nur noch ein kleiner Bach übrig. Die nächste Etappe ist das
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Mausoleum Candia: Wir sehen eine idealtypische Rekonstruktion aus dem Jahr 1956. Diese besteht aus einem zentralen, für die Urnen vorgesehenen Körper. Das Mausoleum war für einen Richter aus der Zeit des Kaisers Augustus gebaut worden. Bewacht wird es von zwei Löwen aus Stein. Etwas weiter vorne befindet sich auf der Via Julia Augusta der decumanus maximus, die Straße, welche die Stadt von Ost nach West teilte und die heute noch in Teilen erhalten ist. Wir kommen zur
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Nekropole: Die fünf umzäunten Grabstätten, die in einer Nebenstraße in Richtung stadtauswärts lagen, sind von großer historischer und künstlerischer Bedeutung. Man gelangt so zum Herzstück des Weltklturerbes von Aquileia: das
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Archäologische Nationalmuseum Aquileia. Hier kann sich der Besucher ein Bild von der glorreichen Vergangenheit Aquileias machen. Zu den ausgestellten Gegenständen gehören – außer den Skulpturen – Münzen, gravierte Edelsteine, Gegenstände aus Glas und Bernstein. Im Hof steht das Lapidarium mit Inschriften, Stelen und zahlreichen Fragmenten von Bodenmosaiken. Im Museum befindet sich eine Schiffsabteilung mit den Überresten eines römischen Schiffes. Den Abschluss bildet die
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Basilica mit dem großen Bodenmosaik, der Cripta degli Affreschi, der Cripta degli Scavi und dem Baptisterium.

„Wieder öffnete sich die Krypta der Basilika
weit vor Maximus [...]. Elena schüttelte ihm
die Hand. ‚Das ist verrückt!‘ Sie zitterte in
dem kleinen weißen Baumwollkleid, das ihre
Knöchel streifte [...]. ‚Ist dir kalt?‘ ‚Es ist nicht
wegen der Kälte‘ [...]. Es war Liebe für die
Vergangenheit, für die Menschen, die dort
ihrem Gott gesungen hatten, für jede einzelne
Fliese, die fleißige Hände nebeneinander gelegt
hatten [...]. Maximus ermutigte sie, vorwärts
zu gehen: ‚Sie gehört ganz dir.‘“

La figlia della cenere, Ilaria Tuti

Die erste Basilika Aquileias wurde nach dem Toleranzedikt von Mailand (313 n. Chr.), das den Christen die freie Ausübung ihrer Religion erlaubte, von Bischof Theodorus erbaut. Das von Theodorus entworfene Gebäude war keine „Kirche“ im eigentlichen Sinne, da die Christen in den ersten Jahrhunderten noch keine eigene Architektur entwickelt hatten. Diese sollte sich erst später aus den romanischen Basiliken heraus entwickeln. Die Basilika des Theodorus wurde im 4. Jh. erweitert. In diesem Zuge entstanden zwei Parallelkirchen. Das Bodenmosaik wurde bedeckt und erlitt keine großen Schäden, als das Heer Attilas die Basilika 452 n. Chr. in Brand steckte. Noch heute weist der Stein am Fuß der Säulen Hitzespuren auf. Trotz allem bestand die Basilika von Aquileia weiter. Die heutige Kirche wurde 1031 geweiht. Zu dieser Zeit entstanden auch die Fresken in der Apsis sowie der Glockenturm.

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FÜR DIE JÜNGSTEN

„ICH HÄTTE GERNE EINE ARMILLA AUS BERNSTEINKÖRNERN, DIE EINEN LEICHTEN DUFT VERSTRÖMEN, WENN DIE WÄRME DES ARMES SIE ERWÄRMT. UND ZWEI ELFENBEINNADELN, UM MEIN HAAR HOCH ZU HALTEN [...], UND VIELLEICHT EINE BYSSUSSTOLA ODER EINES DIESER BUNTEN GLASGEFÄSSE FÜR SALBEN, DIE IN DER STADT HERGESTELLT WERDEN.“
attività per bambini del sito UNESCO nr. 28
Als der Vater Domitillas (die zu den Hauptfiguren des Werks Bambini di Aquileia von Anna Maria Breccia Cipolat gehört) seine Tochter fragt, was er ihr aus Aquileia mitbringen soll, zählt sie Gegenstände auf, die in den Werkstätten Aquileias im 1. Jh. n. Chr. hergestellt wurden und im Archäologischen Nationalmuseum Aquileia. besichtigt werden können. Beginnt Euren Rundgang im
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Museum: Holt an der Kasse den Rucksack mit der Karte und dem Entdeckungstagebuch, die Euch bei der Erkundung der Säle helfen werden. Das Museum organisiert auch Workshops und Führungen für Kinder und Jugendliche. Zu den in den schönen Sälen ausgestellten Fundstücken gehört der pavimento sporco (schmutzige Boden), auf dem Fischreste, Weinblätter, Nüsse sowie Knochen abgebildet sind. Wir gehen dann zur
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Basilika Aquileia. Verhaltet Euch ruhig, denn es handelt sich um einen geweihten Ort: Was Ihr seht, ist die vierte in 700 Jahren gebaute Basilika. Das Mosaik, das sich heute im Mittelbau befindet, wurde bereits während des Baus der ersten Basilika gelegt, kurz nachdem Kaiser Konstantin die Christenverfolgungen beendete. Das 760 m2 große Mosaik ist das älteste in der Geschichte des Christentums und das größte Bodenmosaik des Weströmischen Reichs. Begebt Euch zur Apsis: Hier seht ihr einige Abbildungen von privaten Bürgern, die den Bau der Kirche mitfinanzierten. Dann erscheint die Familie Konstantins. Der Kaiser war ein Freund des Bischofs Theodorus, auf dessen Wunsch die Kultstätte entstanden war. Es ist nicht auszuschließen, dass auch der Kaiser einen finanziellen Beitrag zum Bau der Basilika leistete. Wenn wir weiter gehen, sehen wir Jesus, der als Hirte mit einem Schaf auf den Schultern und einer Flöte in der Hand dargestellt ist. Um ihn herum sind Fische, ein Hirsch, eine Gazelle, Vögel und ein Storch abgebildet. Auch ein Meer voller Fische und die Geschichte von Jona sind dargestellt: Der Prophet hält die Arme hoch, um das Schiff vor dem Sturm zu retten, dann befindet er sich im Maul eines riesigen Fisches. Als dieser ihn endlich freigibt, ruht er sich unter einer Laube mit Kürbisranken aus. Um ihn herum befinden sich Fische, Tintenfische und Enten: dieselben Tiere, die auch damals im Meer in der Nähe von Aquileia lebten.
sito UNESCO nr. 28 in Italia
LESEEMPFEHLUNGEN

Buchempfehlungen, um mehr über die faszinierende Geschichte der antiken Stadt zu erfahren.

  • 18 mal Italien, Guido Piovene (1957). Piovene bereiste das Bel Paese drei Jahre und schrieb dann diese einzigartige und detaillierte Reportage, die als Klassiker der italienischen Reiseliteratur gilt. Von den Alpen über Aquileia bis nach Sizilien lädt uns der Autor ein, die Wunderwerke Italiens zu entdecken.
  • Aquileia defensoris urbis, Valerio Massimo Manfredi (2020). In einer kurzen Erzählung beschreibt der Gewinner des Preises „Regione Friuli-Venezia Giulia – I racconti dei luoghi nel tempo“ die Geschichte Aquileias von den ersten Jahren als Kolonie und Eingangstor zum Osten bis zum Jahr 452 n. Chr., als die Stadt von Attila zerstört wurde und das Weströmische Reich unterging. Die Erzählung spielt im Jahr 168 v. Chr., als die Kaiser Mark Aurel und Lucius Verus in die Stadt Aquileia einziehen. Die Römer, Herrscher der Welt, müssen gegen einen ebenso unsichtbaren wie unbesiegbaren Feind kämpfen: die Pest.
  • La figlia della cenere, Ilaria Tuti (2021). Der von fiction RAI mit Elena Sofia Ricci verfilmte Roman La figlia della cenere aus der Reihe Ein Fall für Teresa Battaglia, handelt auf drei verschiedenen zeitlichen Ebenen, die miteinander interagieren: Die Gegenwart beginnt, als Teresa im Gefängnis einen Serienkiller besucht, der mit ihr sprechen möchte. Die jüngere Vergangenheit beginnt 27 Jahre zuvor, als der Fall, den der Profiler aufklären soll, beim Gericht anhängig wird. Dann gibt es noch eine lange zurückliegende Vergangenheit, das 4. Jh. n. Chr., als das Bodenmosaik in Aquileia geschaffen wurde, das über Jahrtausende unter einem Marmorboden verborgen blieb.
  • Una ciotola di noci, Sergio Faleschini (2021). Im Dorf Poltabia, das zum Lehnsgut der Abtei Moggio und zum äußersten Zipfel des Patriarchats von Aquileia gehört und den Schauplatz von Faleschinis Büchern bildet, untersucht Martino da Fior drei Morde, die sich im Jahr 1337 innerhalb kurzer Zeit ereignet haben. Durch die Einbeziehung von Mönchen, Händlern, Ketzern, Kaufleuten, Schankwirten und Holzfällern gibt die Geschichte Einblicke in die Gesellschaft des Patriarchats von Aquileia im 15. Jh.
  • La casa del Graben, Sergio Faleschini (2022). Der gewaltsame Tod einer Frau und eines Metzgers, der heimlich Wucher trieb, hat im Dorf Poltabia Folgen für eine junge Frau, die der Hexerei beschuldigt wird. Martino da Fior verteidigt diese Frau und wird dabei von einigen Personen begleitet.
  • Un grappolo d’uva, Sergio Faleschini (2023). Im März 1338 werden im Dorf Poltabia eine junge Frau und ihr Beichtvater des Mordes an einem Mann beschuldigt. In diesem sowie anderen, ähnlich begangenen Fällen ermittelt Martino da Fior und wird dabei von Nebenfiguren unterstützt, die die Geschichte bereichern.

Kinder- und Jugendliteratur:

  • Bambini di Aquileia, Anna Maria Breccia Cipolat (1995). Erzählt wird das Abenteuer von drei Kindern aus Aquileia zur Zeit des Kaisers Augustus.
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